Samstag, 14. Juni 2014

Zion - Ein Ort der Gegensätze



"Jerusalem - eine Stadt mit der man einfach nicht zu Rande kommt!" 

Im arabischen Markt
Diese Aussage würden wohl viele Kenner der Stadt unterschreiben. Auch mir ging es nach der Israel-Fahrt 2012 so. Jerusalem war für mich aufregend, unübersichtlich, voll - zu voll - an Geschichte, Religion und Leben. Es war wie ein orientalischer Teppich aus vielen verschiedenen Farben und je länger ich versuchte ihn zu betrachten, desto verworrener erschienen mir die einzelnen Fäden. Immer wieder kann man etwas Neues entdecken oder etwas bereits Bekanntes erscheint in einem neuen Licht. An nicht nur einer Stelle gibt es Spannungen und Gegensätze, die aufeinander prallen. Das macht die Stadt für mich so faszinierend. Man kann sie nicht mit wenigen Worten beschreiben. Aber manchmal spüre ich auch Verzweiflung, wenn ich von Spukattacken auf christliche Mönche und zerstörten Friedhöfen höre, wenn ich das Nebeneinander und gegenseitige Ignorieren der Einwohner von Jerusalem spüre. 

 
Der Zion, obenauf die Kirche der dt. Benediktiner



Ein Ort in Jerusalem spiegelt das Mit-, Neben- und Gegeneinander meiner Meinung nach besonders wider: Der christliche Zion.


Schon der Name "Har Zion" (Berg Zion) schillert. Zu Beginn war damit der Jerusalemer Tempel gemeint. In manchen Texten ist es ein Synonym  für Jerusalem, in anderen für ganz Juda. Mit der christlichen Präsenz in Jerusalem wanderte die Bezeichnung vom Tempelberg (heute: Haram) auf einen Hügel südwestlich der heutigen Altstadtmauer. Heute ist Mount Zion die offizielle Adresse einer deutschen Benediktinerabtei, des Abendmahlsaales und etlicher jüdischer Toraschulen sowie des Davidgrabes.



Die Häuser und Gebetsorte stehen hier dicht an dicht. Es ist unmöglich den anderen nicht wahrzunehmen. Jeden Samstagabend wird am Davidsgrab das Schabbatende mit lauter Musik gefeiert. Zum Stundengebet läuten die Kirchenglocken der Benediktiner und Franziskaner. An die muslimischen Araber, die auf dem Hügel bis 1948 gelebt haben, erinnert der muslimische Friedhof. Von 1948 bis 1967 verlief die Stadtgrenze entlang der Altstadtmauer. Der Zion ist ein politikträchtiger Ort, geprägt von der Sehnsucht nach der Klagemauer und dem Streit um Jerusalem.



Der Abendmahlsaal
Aber der Berg ist auch voller Geschichte: Er hat verschiedene christliche Kirchen kommen und gehen sehen und noch mehr Pilger, die alle hier her kommen um im sog. Abendmahlsaal - ein kreuzfahrerzeitlicher Raum im ersten Stock - den Geschehnissen vor der Kreuzigung und an Pfingsten zu gedenken. Er ist Pflicht für jede Touristengruppe fast so wie die Grabeskirche und auch ähnlich umkämpft. Deshalb untersteht dieser Erinnerungsort heute dem Religionsministerium und es dürfen nur im Ausnahmefall darin Gottesdienste gefeiert werden. 





Aber der Zion ist nicht nur ein Ort der alten Steine und der Erinnerung, er ist auch ein Ort des Studiums. In vielen kleinen Jeshiven studieren orthodoxe Juden Tora und Talmud. Und gleich nebenan im Beit Josef leben 20 kath. und ev. Theologiestudenten, die Land, Leute und die Wurzeln ihres Glaubens besser kennenlernen wollen.  

Blick durch die enge Gasse auf die Kirche der deutschen Benediktiner




Am Zion
Hier kann man also wirklich vielen verschiedenen Menschen begegnen: dem jüdischen Rabbiner und dem deutschen Mönch, jüdischen Jugendlichen aus Amerika und christlichen Pilgergruppen aus Afrika, säkularen Soldaten und orthodoxen Nonnen. Es kann ein Ort der Begegnung sein, einer respektvollen Nachbarschaft, aber genauso werden die Gegensätze hier besonders spürbar. An manchen Stellen trennt die Menschen nur eine dünne Mauer, aber Welten in den Köpfen.



Schwirrt es jetzt auch in Deinem Kopf? In Meinem damals auf jeden Fall. Passender Weise haben einige Freunde und ich uns an unserem ersten Abend in Jerusalem ausgerechnet auf dem Zion verlaufen.

Am Tag der Abreise fühlte ich mich wie erschlagen von den zahlreichen Eindrücken. Der "Teppich Jerusalem" erschien mir wie ein undurchdringbares Garnknäuel. Ich habe mich auf die Heimkehr gefreut und dachte nicht an eine baldige Wiederkehr.



Ein halbes Jahr später sieht es ganz anders aus. Irgendetwas zieht mich zurück in die Stadt, in das Land der Gegensätze. Ich möchte den Geheimnissen auf den Grund gehen. Ich möchte die Fäden ein wenig ordnen und die Pracht des orientalischen Teppichs Jerusalem bewundern. Deshalb bewerbe ich mich für das Theologische Studienjahr in Jerusalem - und für 8 Monate wird meine Adresse lauten: Mount Zion, 91000 Jerusalem 

Martina Edenhofer

Dienstag, 30. Oktober 2012

Zeit, um zu rekapitulieren


Erlebnisse kommen und gehen. Bisweilen werden sie zu wirklichen Erfahrungen. Aber nur selten verwandeln sie sich in wertvolle Erinnerungen. Für mich persönlich stellen einige Momente unserer Israel-Exkursion im März dieses Jahres eine solche Form der Erinnerungen dar. Sie sind Erinnerungen an eine Zeit, die mir – obgleich mehr als ein halbes Jahr danach – noch immer klar in Gedächtnis verblieben sind.

Gerade heute wurde ich mir dessen erneut bewusst, als ich während der Vorlesung „Storia della Giudea al tempo di Gesù“ einmal mehr verstand, als wie bereichernd und gewinnbringend unsere „Reise des Jahres“ retrospektiv angesehen werden darf! In der Vorlesung heute wurden indes verschiedenste Städte Israels zur Zeit Jesu beleuchtet. Monoton und öde? Nein! Keineswegs mehr bloße Zahlen und Fakten, keineswegs eine langweilige Lektion, keineswegs das Gefühl, der Minutenzeiger bewege sich bei Betrachtung der Uhrzeit wohl eher in die falsche Richtung! Schließlich bei Masada angelangt, fragte der Professor: „Wer war denn schon einmal dort?“ Nur wenige hoben den Arm, nur wenige hatten ein Blitzen in den Augen. Eben diejenigen, die schon einmal dort gewesen waren, konnten nachvollziehen, was er damit meinte, wenn er von der „außergewöhnlichen Schönheit und Einzigartigkeit Masadas“ sprach. Sein Vortrag war gerade deswegen mitreißend, da ich nachvollziehen konnte, wovon er redete und was er zu sagen beabsichtigte. Warum mir das heute gelang? Ganz einfach! Weil er von geografischen Begebenheiten sprach, die man selbst wahrgenommen hatte. Wir waren vor knapp sechs Monaten an eben jener Stelle gestanden, von der er heute erzählte, sie sei im Jüdischen Krieg als eine der letzten Bastionen des Widerstands gefallen. Wir hatten, wie zwei Jahrtausende zuvor, die brennende Hitze am eigenen Leib verspürt. Wir hatten, wie 2000 Jahre zuvor, den staubigen Geruch, der in der Luft liegt, vernommen. Ja, uns bot sich durch die Exkursion an diesem Tag die Möglichkeit, uns direkt am Ort des Geschehens vorzustellen, wie es wohl gewesen sein musste, von einer römischen Legion mehrere Wochen hindurch belagert worden zu sein; nach einiger Zeit ganz genau abschätzen zu können, dass es keinen Ausweg mehr geben würde. Wir verstanden, warum es kam, wie wir es in den Geschichtsbüchern vorfinden. Aber noch mehr: Wir konnten von jetzt an nachvollziehen,  warum es zu der empfindlichen Niederlage gekommen war, da wir uns selbst in die Lage eingefühlt hatten. Ja, wohl auf keine andere Weise wird Geschichte so lebendig, wie bei der Gelegenheit, die sich uns durch diese Exkursion bot: Das Glück zu haben, die theoretischen Punkte der Lektionen mit den eigenen persönlich gemachten Erfahrungen verknüpfen zu können! Nicht nur deshalb kann ich mit gutem Recht behaupten, dass die Exkursion nach Israel für einen jeden von uns absolut inspirierend war.

Wie gerne erinnere ich mich neben den Erfahrungen, die wir in Masada machen durften, auch an jene in Qumran zurück, wie oft gehen mir die Bilder von Caesarea Maritima, Banyas oder Jericho durch den Kopf. Wie sehr danke ich, dass wir das Glück hatten, mit palästinensischen Studenten an der Universität Bethlehem sprechen zu können. Wie oft denke ich an das Faksimile der berühmten Handschrift des Buches Jesaja und die anderen Handschriften, die in Qumran gefunden wurden. Auch emotional denke ich gerne an die zwölf Tage im Heiligen Land zurück. Besonders die Erinnerung an die Heiligen Messen am Abend in unmittelbarer Nähe zum See Genezareth ist mir noch immer präsent. So schön waren die Gottesdienste, die wir dort in jener Gegend feierten, in welcher gut 2000 Jahre zuvor Jesus seine Jünger berief und welche eine solche Bedeutung für sein erstes Wirken haben sollte. Freilich bin ich mir auch Jerusalems eingedenk, das mit seiner Historie seinen ganz eigenen Charme besitzt. Wir trafen auf Menschen unterschiedlichster Anschauungen und bekamen ein Stück weit mit, wie viele verschiedene Glaubensrichtungen dort neben-, gegen und glücklicherweise ein Großteil von ihnen auch friedlich miteinander leben! Als besonders spannend empfand ich es, einen Einblick in das geschichtliche, politische, kulturelle und verständlicherweise religiöse Verhältnis der abrahamitischen Religionen erhalten zu haben, deren Verflechtungen wohl an keinem anderen Ort auf der Welt als in Jerusalem so deutlich auszumachen sind. Dass man die bereichernden Momente, welcher Art sie auch immer sein mögen, am eigenen Leib zu verspüren vermag, ist wohl das bedeutendste Stück Gepäck, das man in die Heimat zurückbringt und mit dessen Hilfe man mit verändertem Blickwinkel die kommenden Ereignisse betrachtet und reflektiert.

Am Ende der Reise standen wir – eine Gruppe von über 30 Personen, die sich vorher nur partiell kannte – wieder am Flughafen München. Diesmal jedoch mit dem Gefühl der Freude und inneren Zufriedenheit, mit der wir auf die vielen facettenreichen Momente der zurückliegenden Tage blickten. Das Gefühl, das sich am Ende des breit gefächerten Programms der Exkursion bei mir persönlich einstellte, als jeder seinen Koffer erhalten hatte, der Exkursionsmarathon sein Ende finden und jeder wieder in die Welt seines Alltags entlassen werden sollte, war, dass ich mich gar nicht so recht von diesen in den letzten Tagen doch ein gutes Stück weit ans Herz gewachsenen Personen trennen wollte. Wenn man bei der Verabschiedung in die Gesichter der einzelnen geblickt hat, konnte man nicht leugnen, dass es den anderen ebenso erging wie mir. Die Eindrücke aus Israel hatten eben ihre Spuren hinterlassen…

Nicht zuletzt deshalb gilt unser Dank in erster Linie Frau Nassauer, die uns diese so wunderbaren Erfahrungen durch ihren reichen Erfahrungsschatz erst ermöglicht hat. Von Herzen danken wir auch den anderen Lehrenden für ihren Einsatz in diesen ereignisreichen Tagen. Des Weiteren gilt mein Dank gerade auch jenen, die die Durchführung dieser zweifelsohne bereichernden Studienreise, die diesen Titel zurecht trägt, unterstützten, sei es durch ihren geistigen Beitrag, sei es durch das finanzielle Unter-die-Arme-greifen. Schließlich bedanke ich mich selbstverständlich auch bei jedem Einzelnen von euch. Denn ohne jeden Einzelnen wären die Tage gewiss nicht zu dem geworden, was sie noch heute für uns ausmachen: unsagbar wertvolle Momente, an die wir uns alle gewiss noch lange erinnern werden!

Erlebnisse kommen und gehen. Bisweilen werden sie zu wirklichen Erfahrungen. Aber nur selten verwandeln sie sich in wertvolle Erinnerungen. Diese Israel-Exkursion zählt zu einem solch seltenen Moment des Glücks!

Christoph Weber

Samstag, 23. Juni 2012

"Shabbat Shalom!"

Mit diesen Worten heißen die Juden am Freitagabend das anbrechende wöchentliche Fest willkommen. Für mich war der Gottesdienst zu Shabbat in der jüdischen Gemeinde Kol Haneshama ein sehr schönes Erlebnis. Nach einem langen „Spaziergang“ von École Biblique kamen wir endlich zu einer an sich unscheinbaren Synagoge. Dort wurden wir von den Mitgliedern der progressiven jüdischen Gemeinde sehr herzlich empfangen und nahmen gleich für uns reservierte Plätze ein, denn der Gottesdienst fing in wenigen Sekunden an. Jeder von uns bekam ein Buch mit dem Ablauf des Gottesdienstes. Zum hebräischen Text gab es parallel eine lateinische Transkription und eine Übersetzung auf Englisch, und so konnten wir alles gut verfolgen. Der überwiegende Teil des Gottesdienstes wurde von der Gemeinde gesungen. Der Vorsteher hat den Ton und den Rhythmus angegeben und alle haben aktiv mitgesungen. Durch die schönen Melodien wurden wir alle gleich mitgerissen. Ich hatte den Eindruck, dass sich die ganze Synagoge im Rhythmus der Psalmenlieder bewegt. Nicht nur an den Gesängen, sondern auch an den schmunzelnden Gesichtern und Bewegungen der Leute spürte man deutlich, dass sie eine tiefe Freude am Shabbat haben. Ich denke, dass viele von unseren katholischen Gemeinden sich von dieser Art des Gotteslobes (auch im sonntäglichen Gottesdienst) inspirieren lassen sollten. Auch die Verabschiedung nach dem Abschluss des Gottesdienstes war sehr schön – mit einem von Herzen kommenden „Shabbat Shalom“! 

Während unserer Reise durch Israel erlebten wir aber auch hautnah, wie zerbrechlich der „Shalom“ ist. Das ganze Heilige Land ist ein Land vieler Kontraste und Umbrüche, ein Land, das bis heute keinen Frieden gefunden hat. „Erbittet „Shalom“ für Jerusalem! Ruhe sollen die haben, die dich lieben!“ (Ps  122,6) Wie aktuell ist der Aufruf des Psalmisten gerade in der heutigen Zeit! 

Am gleichen Tag, an dem wir am Abend den Gottesdienst zu Shabbat in der Gemeinde Kol Haneshama feierten, mussten wir die Jerusalemer Altstadt umgehen, weil gerade in der Nähe vom Damaskustor der „Globale Marsch nach Jerusalem“ endete. Eine demonstrative Aktion, die an den palästinensischen Tag des Bodens erinnert und zeigen soll, dass die palästinensischen Menschen immer an ihrem Land festhalten und dass die palästinensische Frage eine globale Frage ist.  

Eine große Bereicherung für mich war die Begegnung mit fünf palästinensischen Studenten an der Bethlehem University (s. Beitrag von Sonja Prause). In einem sehr offenen und interessanten Gespräch mit ihnen gewannen wir viele neue Einsichten zur andauernden Spannung zwischen Palästinensern und Israelis. Mit ihrer jugendlichen Begeisterung und großer Sehnsucht nach Frieden setzen sich die Studenten der „Bethlehem University“ für eine bessere und friedliche Zukunft ihres Landes ein. Gibt es eine Chance, dass der Konflikt im Nahen Osten irgendwann ein Ende haben wird? Die große Mauer (viel höher als die ehemalige Berliner Mauer), die das autonome palästinensische Gebiet um Bethlehem von der Stadt Jerusalem trennt und immer weiter gebaut wird, beantwortet leider diese Frage mit klarem NEIN.

Als wir unsere letzte heilige Messe in Jerusalem an der VI. Station der Via Dolorosa feierten, bat uns die für diesen Ort zuständige Schwester der Gemeinschaft der kleinen Schwestern Jesu um Gebet für die Christen im Heiligen Land. Bewegt hat sie uns erzählt, dass die Zahl der im Heiligen Land lebenden Christen wegen der schwierigen religiösen und politischen Lage in den letzten 40 Jahren drastisch gesunken ist. 

Auch unter den Christen selbst ist der Friede des Auferstandenen nicht immer spürbar. Es genügt nur einen kurzen Blick in die Situation der heiligsten Stätte der Christen – der Grabeskirche - zu werfen (mehr zu diesem Thema s. Beitrag von Johannes Huber). Draußen vor dem Eingang in die Basilika spielt zur Abwechslung ein kleiner palästinensischer Junge mit einem Spielzeug in Form eines Maschinengewehrs. Die besser bewaffneten israelischen Soldaten, die in der Nähe stehen, lassen sich aber von ihm nicht stören…

„Shabbat Shalom“? Für mich war der Friede des auferstandenen Christus vor allem in der Gemeinschaft spürbar, die ganz spontan während unserer Israelreise gewachsen ist. Dazu gehören die gemeinsamen Eucharistiefeiern am abendlichen Seeufer von Gennesaret, die stillen Momente am frühen Morgen in der Grabeskirche, die gemeinsame Musik, die geteilte Freude oder auch Schmerz, der unermüdliche Einsatz von jedem Einzelnen für das gemeinsame Ziel… Und deshalb einen ganz herzlichen Dank an Sie/Euch alle, denn diese Reise war letztlich nicht nur eine wissenschaftliche Exkursion, sondern eine wirkliche Pilgerreise durch das Heilige Land, eine Pilgerreise zu sich selbst, zueinander, zur Begegnung mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn, der unser Friede ist! Shabbat Shalom!

Sonntag, 17. Juni 2012


Wanderung am Seligpreisungsberg

Wenn ich an unsere Israelexkursion zurückdenke, fallen mir spontan sehr viele Erlebnisse ein, über die ich gerne berichten würde. Aber um nicht alles vorwegzunehmen, schildere ich nun eines meiner viel so empfunden Highlights: unsere kleine Wanderung vom Seligpreisungsberg hinab nach Tabga zu unserer Herberge Bet Noah. Da wir an diesem Tag wirklich ein sehr dichtes Programm hatten, war dieser Programmpunkt fakultativ. Wir besichtigten Tel Dan, Caesarea Philippi (Banjas), den Aussichtspunkt Har Bental, Betsaida, Kafarnaum und schließlich noch das Jesus Boot, bevor unser Bus die Türen am Seligpreisungsberg öffnete. Besonders Mr. Salim, unser Busfahrer, dürfte sehr erstaunt gewesen sein, dass sich nach diesem Programm doch fast 2/3 der Teilnehmer hochmotiviert auf den Weg machten. Jeder, der dabei war, bereute diese Entscheidung zu keiner Minute. Der kleine Wanderweg schlängelte sich durch Raps- und Wiesenfelder ins Tal. Am Fuße des Berges lag der ruhige See Genezareth und von Westen senkte sich die Sonne herab. Dabei konnten wir die Ruhe genießen, uns von zahlreichen Pilgerscharen erholen und die vielen Eindrücken, die wir über den Tag gesammelt haben, Revue passieren lassen. Doch wer glaubt, dass unser Besichtigungsprogramm schon vorbei war, der irrt sich. Wir konnten es selbst nicht glauben, dass uns auf dieser idyllischen Wanderung noch ein theologisch wichtiger Ort unter die Augen kam. Etwa auf halber Strecke lag völlig unscheinbar inmitten der Rapsfelder ein kleiner Platz, an dem wir zwei Steine und einen sehr alten Baum stehen sahen. Auf der Hinterseite einer der beiden Steine, konnte man Reste der Bergpredigt auf Englisch eingeritzt erkennen. Laut dem Benediktiner Bargil Pixner, könnte hier wohl der Ort gewesen sein, an dem Jesus die Bergpredigt verkündigte. Diese Lokalisierung begründet er mit der günstigen Lage und der stimmungsvollen Atmosphäre dieses Platzes. Meines Erachtens ist dies wirklich ein wunderbarer Ort, um der Bergpredigt zu gedenken. Zufrieden und ich muss auch zugeben, schon etwas erschöpft, kamen wir etwa eine Stunde später in unserer Unterkunft in Tabga an. Hier erwartete uns bald ein gemeinsames Mahl, bevor wir den Tag mit einem gemeinsamen Lichtergottesdienst am See abrundeten!

An  dieser Stelle möchte ich mich nun bei allen bedanken, die uns diese Reise ermöglicht und dazu so haben. Besonders betonen möchte ich das Engagement von Frau Nassauer, die unsere Exkursion einfach unvergesslich gestaltet und organisiert hat. Vielen Dank, das kann man finde ich einfach nicht oft genug sagen!!!


Katharina Scheller

Dienstag, 12. Juni 2012

Den Horizont erweitern...


Eine Exkursion ins Heilige Land kann ohne religiöse Erfahrungen kaum gehen. Mir wurde bewusster, dass wir Menschen heilige Orte brauchen, die uns Gott näher bringen. Zweifellos waren viele besuchte Stätten, wie der See von Genezareth, Getsemani, Golgota, und das Heilige Grab solche Orte für mich. Aber in diesem Blog wollte ich nicht darüber schreiben…
„Die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Israel ist erstmals in den knapp 60 Jahren ihres Bestehens geschändet worden. /…/ Der Vorsitzende der Gedenkstätte, Avner Schalev, äußerte sich empört über die Schändung: ´Wir sind schockiert und verstört über diesen Ausdruck brennenden Hasses gegen die Zionisten und den Zionismus´, sagte er. Die beispiellose Tat überschreite eine rote Linie. Zugleich deutete er an, dass ultra-orthodoxe Juden für die Tat verantwortlich sein könnten....”
Diese Nachricht erinnerte mich sofort an unseren Besuch von Jad Vaschem, der mir jetzt wieder sehr lebendig vor Augen steht. Beeindruckend fand ich die Qualität der Darstellung: Der Wagon auf der Brücke, der in den Absturz führt; die geschichtliche Darstellung der Massen und der Einzelpersonen; die Kerzenlichte und die Namen der Kinder; die Säulen mit den Ortsnamen der vernichteten Gemeinden… Das ist alles so ausdrucksreich, voll mit Symbolen… Ja, das ist eine hohe Kunst, und für Israel ein Weg, um diese furchtbare Geschichte zu verarbeiten. Jetzt kommt diese Nachricht, und – Dank der Exkursion - ich weiß, worum es hier geht… Aber eigentlich wollte ich auch nicht darüber schreiben.
Für einen großen Gewinn der Exkursion halte ich, dass ich in die religiöse Vielfalt Israels einen tieferen Einblick bekommen habe. Darüber möchte ich schreiben, und die „ultra-orthodoxen Juden“ gehören auch dazu.
Ein großes Lob verdient unsere israelische Reisebegleiterin, die nicht müde wurde uns während der Busfahrten über die verschiedenen Religionen und Absplitterungen aufzuklären. Sie hat ausführlich über das Judentum geredet: Über die liberalen bzw. orthodoxen und auch über die ultra-orthodoxen Juden. Sie hat erzählt, wie sie den Sabbat begeht und auf meine Nachfrage hat sie auch kurz erklärt, warum sie vom Christentum zum Judentum konvertiert ist: Sie hat das Alte Testament immer schon geliebt, und als sie im Rahmen des Studienjahres in Israel war, hat sie das Judentum immer mehr kennengelernt. Sie empfand, dass es sich vielmehr um die Fragen kümmert, wie man praktisch lebt und wie man glücklich wird. Mit der Zeit hat sie auch gemerkt, dass Jesus für sie doch nicht das Zentrum zu sein scheint, auf den man nicht verzichten könnte…
Als wir das Gebiet der Kabbala um Safed durchkreuzten, erzählte sie uns über die jüdische Mystik. Kabbala wurde deswegen das Zentrum dieser Strömung, weil viele Juden sich hier ansiedelten, nachdem sie aus Spanien vertrieben wurden. Nicht weit von Tabgha wohnen die Messianisten. Sie sind Juden, die Jeschua als Messias anerkennen, die Kirche aber nicht. Mit ihren Behauptungen stehen sie in ziemlicher Spannung mit anderen Juden. Im Norden sind wir noch einigen Drusen begegnet. Sie sind leicht zu erkennen, weil sie in schwarz rumlaufen. Das ist eine Gruppe, die sich vom Islam um 1000 abgespalten hat und ihren Glauben geheim hält: mit 16 müssen sich die Jugendlichen entscheiden, ob sie religiös leben werden. Wenn ja, dann werden sie in die Religion eingeführt und dürfen nur innerhalb ihrer religiösen Gemeinschaft heiraten.
Über den Islam muss ich nicht lange schreiben. Die massiven Konflikte zwischen Juden und Palästinensern spürten wir oft in der Luft. Es ist traurig zu sehen, wie in Israel viel Aggression und Leid in den Religionsunterschieden ihren Grund haben.
Enden möchte ich mein Blogbeitrag mit dem Besuch in Akko: Dort erzählte unsere Reisebegleiterin lange über die Religion Bahai. Sie scheint eine unter den ganz wenigen Religionen zu sein, die auf Harmonie und Friede unter den Religionen setzt. – Angesichts vieler Konflikte im Nahen Osten sollten wir ihre Anliegen würdigen.
Ich bin sehr Dankbar für die vielen Erfahrungen mit diesen verschiedenen Religionen und auch dafür, dass ich mit euch diese Reise erleben durfte. 
Csermák Péter

Dienstag, 29. Mai 2012

Abraham und Isaak


Israel hat mich in vielerlei Hinsicht geprägt. Im Grunde bin ich heute noch nicht fertig damit, die ganzen Eindrücke zu verarbeiten. Aber hier möchte ich eine kleine Sache ansprechen, die mich persönlich beeindruckt und meine Einstellung verändert hat. Anderen kommen diese Gedanken wahrscheinlich banal vor, trotzdem möchte ich sie kurz ausführen:



Dazu muss ich sagen, dass ich in der Zeit vor der Israel-Exkursion damit beschäftigt war, meinen Praktikumsbericht zum studienbegleitenden Praktikum anzufertigen, in dem man unter anderem eine selbst gehaltene Unterrichtsstunde ausarbeiten soll. Dafür habe ich eine Unterrichtsstunde in der fünften Klasse ausgewählt, die sich mit der Bindung Isaaks beschäftigte. In der Vorbereitung musste ich feststellen, dass dieses Thema völlig kontrovers ausgelegt und diskutiert wird. Ich entschied mich aus verschiedenen Gründen dafür, den Kindern die Bedeutung dieser Bibelstelle zu vermitteln, indem sie die Abkehr von Menschenopfern darstellt. Die Schüler sollten hier eine Besonderheit des abrahamitischen Gottesbildes kennen lernen.

So viel zur Vorgeschichte, die Stunde lief dann auch ganz gut. Interessant war allerdings die Diskussion, die sich im Nachhinein zwischen meiner Betreuungslehrerin und dem Religionslehrer der betreffenden fünften Klasse (der mir die Aufgabe übertragen hat, dieses Thema mit seiner Klasse zu erarbeiten) entsponnen hat. Während ihm der Aspekt des Auf-die-Probe-Stellens gefehlt hat, vertrat sie den Standpunkt, dass das Thema überhaupt nicht für eine fünfte Klasse geeignet sei, und schon gar nicht als Probe. Ich selbst stellte mir daraufhin auch die Frage, ob ich das Stundenkonzept so je wieder anwenden werde, oder ob es nicht ganz pragmatisch einfacher sei, das Thema künftig auszulassen. Die letzte Variante war allerdings auch nicht wirklich zufriedenstellend.



So und jetzt komme ich dazu, inwiefern mich Israel in dieser speziellen Frage weiter gebracht hat. Schon in der Vorbereitung auf mein Referat am Haram es Sarif bin ich wieder über Abraham und Isaak gestolpert. Schließlich soll das in Gen 22 geschilderte Geschehen an diesem Ort im heutigen Jerusalem stattgefunden haben (wirklich plausibel ist das nicht, weil in Gen 22 vom Land Morija die Rede ist, während der Berg als solches einen anderen Namen erhält, nach Verfassen des Buches der Chronik findet dann wohl redaktionell motiviert die Zusammenlegung des Berges mit dem Begriff Morija statt). Trotzdem wird hier aus der Tradition heraus einer der wichtigsten Orte für die abrahamitischen Religionen mit der Bindung Isaaks verbunden.

Bei der Besichtigung der Ausgrabungen von Sepphoris schließlich wieder - die Bindung Isaaks als Mosaik auf dem Boden der uralten Synagoge. Hier nimmt die Szene eine ganz zentrale Stelle ein, bei der es um das Konzept der Verheißung geht.

Auch in christlichen Kirchen, z.B. der Grabeskirche, ist die Szene verewigt - als Bemalung an den Kirchenwänden.



Insgesamt kann ich sagen, dass mir gefühlt jeden Tag Abraham und Isaak über den Weg gelaufen sind, um das mal bildlich auszudrücken. Beim Durchsehen meiner Fotos ist mir das noch einmal deutlich vor Augen geführt worden.



So komme ich wieder zurück auf mein Ausgangsproblem: soll ich die Bindung Isaaks in der fünften Klasse besprechen, und wenn ja, wie?

Israel hat mich folgendes gelehrt: das Thema auszulassen kommt nicht in Frage. Dazu nimmt es einen zu zentralen Standpunkt im Christentum, Judentum und Islam ein. Ob ich dagegen die Stunde wieder genau so aufziehen werde wie beim letzten Mal, werde ich mir noch überlegen. Es bleibt nämlich das Problem, dass es keine einheitliche Meinung zur Bedeutung von Gen 22 gibt, dagegen viele widersprüchliche Interpretationen. Vielleicht bietet es sich ja an, die Szene auch einmal aus der Sicht anderer abrahamitischer Religionen zu beleuchten und dann kann ich meine Fotos von der Synagoge in Sepphoris, dem Felsendom und auch der Grabeskirche heraus holen und den Schülern erklären, warum sie mich so sehr beeindruckt haben.

Samstag, 12. Mai 2012

Jerusalem - St. Peter in Gallicantu

Die Reise in das Heilige Land ist durch den Besuch vieler bedeutender historischer Stätten für mich zu einem einmaligen Erlebnis geworden.
Besonders Jerusalem und seine Altstadt zu sehen, war für mich eine tolle Erfahrung. Die Stimmung abends im jüdischen Viertel war einmalig – ruhig, spirituell anmutend und doch freundlich. Nach einer kurzen Wegstrecke durch das Zionstor gelangten wir von dort schnell wieder zu unserem Quartier, auf dessen Gelände auch die Kirche St. Peter in Gallicantu steht.
Die Kirche St. Peter in Gallicantu (= St. Peter zum Hahnenschrei) liegt südlich der Altstadt, am Osthang des christlichen Zionsberges in Jerusalem. Man erreicht sie – wie gesagt – über das Zionstor, dem südlichen Ausgang der Altstadt.
In der Überzeugung von der Bedeutung des überlieferten Geschehens haben die ersten christlichen Gemeinden zunächst versucht, die Stelle zu lokalisieren, wo es sich ereignet hatte, und dann die Erinnerung daran lebendig zu halten gesucht. Es ist nicht verwunderlich, daß die Kaiserin Eudokia bei einer Reise nach Jerusalem auf dem Berg Zion eine Kirche zu Ehren des Hl. Petrus errichten ließ, sehr wahrscheinlich im Jahr 457. Diese Kirche wurde 529 während des Aufstandes der Samaritaner beschädigt und 614 von den Persern zerstört. Eine zweite Kirche, die armenische Mönche betreuten, wurde um 628 errichtet. Diese wurde bereits 1009 durch den Kalifen Hakim zerstört. Eine dritte Kirche, die von griechischen Mönchen betreut wurde, wurde von den Kreuzfahrern vor 1102 errichtet, 1219 zerstört und durch ein Oratorium ersetzt, das seinerseits zwischen 1293 und 1335 zerstört wurde.
Im Jahre 1888 entdeckten Patres des Assumptionistenordens die Reste einer etwa 20 x 16 m großen byzantinischen Kirche aus dem 6. Jahrhundert, die von den Kreuzfahrern erneuert worden war. Über diesen Ruinen entstand der heutige Kirchenbau, der 1931 geweiht wurde. Die Kuppel der Rundkirche hat ein kreuzförmiges Fenster. Mosaiken in der Kirche zeigen Jesus vor dem hohen Rat, den weinenden Petrus und verschiedene Büßergestalten. Die Kirche erinnert an die Verleugnung des Petrus nach der Verhaftung Jesu (Mt 26, 69-75; Lk 22, 56-62; Joh 18, 15-18.25-27).
Es gibt die Hypothese, dass an dieser Stelle das Haus des Hohenpriesters Kaiphas gestanden haben soll, vor den und die dort versammelten Ältesten Jesus nach seiner Gefangennahme geführt wurde (Mt 26,57).
Beim Bau der Kirche stieß man auf eine Geißelungskammer und eine Grotte, die als Gefängnis diente. Die Geißelungskammer ist in den Felsen gehauen. An den Säulen befinden sich aus dem Felsen herausgeschälte Ösen, durch die Stricke gezogen wurden, um die Arme und Beine des Sträflings daran anzubinden, damit man ihn besser auspeitschen konnte. Zu Füßen befinden sich zwei aus dem Felsen ausgehöhlte Becken. Das größere war für Salzwasser, um die Wunden damit zu desinfizieren, und das kleinere daneben war für Öl, womit die Wunden bestrichen wurden, damit sie wieder heilten.
Die Grotte, in die man von der Krypta aus blicken kann, wird als sogenanntes Gefängnis Christi ausgewiesen. Der Tradition nach wurde Jesus hier nach seiner Verhaftung gefangen gehalten. Der Ort gibt einen guten Eindruck davon, wie ein Verließ um jene Zeit ausgesehen haben mag. Damals gab es nur einen einzigen Zugang – eine enge runde Öffnung, durch die der Gefangene mit einem Seil um seine Brust von oben herabgelassen wurde. Das Seil blieb um seine Brust, damit man ihn damit wieder herausziehen konnte.
Ausgrabungen nördlich der Kirche brachten Teile eines antiken hasmonäischen Stufenweges ans Tageslicht, der vom Berg Zion ins Tal bis zum Teich Siloah führt. Über diese Treppe könnte Jesus nach dem letzten Abendmahl nach Gethsemane zum Ölberg gegangen sein. Über die gleiche Treppe könnte er eben auch später zum hohepriesterlichen Palast abgeführt worden sein.
Wer die Kirche besucht, kann Lk 22, 56-62 durch buchstäblich mehreren Ebenen auf sich wirken lassen. Über die heutige Kirche mit ihren zahlreichen Mosaiken (Verspottung der Wächter, Verurteilung zum Tod, Jesus wendet sich um und blickt Petrus nach der Verleugnung an etc.) kommt man zu einer Krypta, in die Teile eines älteren Kirchenbaus (s.o.) eingearbeitet sind, und schließlich gelangt man hinunter in das Gefängnis. Der Ausgang führt direkt auf die römische Treppe und weitere Ausgrabungen außerhalb des Kirchengebäudes zu.
„Ich freute mich, als man mir sagte: Zu Hause des Herrn wollen wir pilgern. Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem“ (Ps 122) und es war klasse!! J
Vielen Dank an die Sponsoren, Organisatoren und Mitfahrer für diese wahrlich berührende und einzigartige Studienreise!