Mit diesen Worten heißen die Juden am Freitagabend das anbrechende
wöchentliche Fest willkommen. Für mich war der Gottesdienst zu Shabbat in der
jüdischen Gemeinde Kol Haneshama ein sehr schönes Erlebnis. Nach einem langen „Spaziergang“
von École Biblique kamen wir endlich zu einer an sich unscheinbaren Synagoge. Dort
wurden wir von den Mitgliedern der progressiven jüdischen Gemeinde sehr
herzlich empfangen und nahmen gleich für uns reservierte Plätze ein, denn der
Gottesdienst fing in wenigen Sekunden an. Jeder von uns bekam ein Buch mit dem
Ablauf des Gottesdienstes. Zum hebräischen Text gab es parallel eine lateinische
Transkription und eine Übersetzung auf Englisch, und so konnten wir alles gut
verfolgen. Der überwiegende Teil des Gottesdienstes wurde von der Gemeinde gesungen.
Der Vorsteher hat den Ton und den Rhythmus angegeben und alle haben aktiv mitgesungen.
Durch die schönen Melodien wurden wir alle gleich mitgerissen. Ich hatte den
Eindruck, dass sich die ganze Synagoge im Rhythmus der Psalmenlieder bewegt. Nicht
nur an den Gesängen, sondern auch an den schmunzelnden Gesichtern und
Bewegungen der Leute spürte man deutlich, dass sie eine tiefe Freude am Shabbat
haben. Ich denke, dass viele von unseren katholischen Gemeinden sich von dieser
Art des Gotteslobes (auch im sonntäglichen Gottesdienst) inspirieren lassen sollten.
Auch die Verabschiedung nach dem Abschluss des Gottesdienstes war sehr schön – mit
einem von Herzen kommenden „Shabbat Shalom“!
Während unserer Reise durch Israel erlebten wir aber auch
hautnah, wie zerbrechlich der „Shalom“ ist. Das ganze Heilige Land ist ein Land
vieler Kontraste und Umbrüche, ein Land, das bis heute keinen Frieden gefunden
hat. „Erbittet „Shalom“ für Jerusalem! Ruhe sollen die haben, die dich lieben!“
(Ps 122,6) Wie aktuell ist der Aufruf
des Psalmisten gerade in der heutigen Zeit!
Am gleichen Tag, an dem wir am Abend den Gottesdienst zu
Shabbat in der Gemeinde Kol Haneshama feierten, mussten wir die Jerusalemer
Altstadt umgehen, weil gerade in der Nähe vom Damaskustor der „Globale Marsch
nach Jerusalem“ endete. Eine demonstrative Aktion, die an den palästinensischen
Tag des Bodens erinnert und zeigen soll, dass die palästinensischen Menschen
immer an ihrem Land festhalten und dass die palästinensische Frage eine globale
Frage ist.
Eine große Bereicherung für mich war die Begegnung mit fünf
palästinensischen Studenten an der Bethlehem University (s. Beitrag von Sonja
Prause). In einem sehr offenen und interessanten Gespräch mit ihnen gewannen
wir viele neue Einsichten zur andauernden Spannung zwischen Palästinensern und
Israelis. Mit ihrer jugendlichen Begeisterung und großer Sehnsucht nach Frieden
setzen sich die Studenten der „Bethlehem University“ für eine bessere und
friedliche Zukunft ihres Landes ein. Gibt es eine Chance, dass der Konflikt im
Nahen Osten irgendwann ein Ende haben wird? Die große Mauer (viel höher als die
ehemalige Berliner Mauer), die das autonome palästinensische Gebiet um
Bethlehem von der Stadt Jerusalem trennt und immer weiter gebaut wird,
beantwortet leider diese Frage mit klarem NEIN.
Als wir unsere letzte heilige Messe in Jerusalem an der VI.
Station der Via Dolorosa feierten, bat uns die für diesen Ort zuständige Schwester
der Gemeinschaft der kleinen Schwestern Jesu um Gebet für die Christen im
Heiligen Land. Bewegt hat sie uns erzählt, dass die Zahl der im Heiligen Land
lebenden Christen wegen der schwierigen religiösen und politischen Lage in den
letzten 40 Jahren drastisch gesunken ist.
Auch unter den Christen selbst ist der Friede des
Auferstandenen nicht immer spürbar. Es genügt nur einen kurzen Blick in die
Situation der heiligsten Stätte der Christen – der Grabeskirche - zu werfen (mehr
zu diesem Thema s. Beitrag von Johannes Huber). Draußen vor dem Eingang in die
Basilika spielt zur Abwechslung ein kleiner palästinensischer Junge mit einem
Spielzeug in Form eines Maschinengewehrs. Die besser bewaffneten israelischen
Soldaten, die in der Nähe stehen, lassen sich aber von ihm nicht stören…
„Shabbat Shalom“? Für mich war der Friede des auferstandenen
Christus vor allem in der Gemeinschaft spürbar, die ganz spontan während
unserer Israelreise gewachsen ist. Dazu gehören die gemeinsamen
Eucharistiefeiern am abendlichen Seeufer von Gennesaret, die stillen Momente am
frühen Morgen in der Grabeskirche, die gemeinsame Musik, die geteilte Freude
oder auch Schmerz, der unermüdliche Einsatz von jedem Einzelnen für das
gemeinsame Ziel… Und deshalb einen ganz herzlichen Dank an Sie/Euch alle, denn
diese Reise war letztlich nicht nur eine wissenschaftliche Exkursion, sondern eine
wirkliche Pilgerreise durch das Heilige Land, eine Pilgerreise zu sich selbst,
zueinander, zur Begegnung mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn, der
unser Friede ist! Shabbat Shalom!
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